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Aargauer Wochenzeitung, Donnerstag, 3. Februar 2005

Autorin: Erika Lüscher

Greg kocht für Kunst und Kultur

Gregory Kilcullens Küche ist so international wie seine Biographie. Doch dass er einmal in der Schweiz für Kunst- und Kulturinstitutionen wie das Aargauer Kunsthaus oder das Stapferhaus auf Schloss Lenzburg kochen würde, hätte er sich nicht träumen lassen.

Eine frostige Bise fegt durch den verschneiten Park und lässt die vermummten Gestalten schneller gehen. Da wirkt die Eingangshalle des Aargauer Kunsthauses trotz ihrer nüchternen Ausstrahlung wie eine schützende Oase.

Während den Öffnungszeiten des Kunsthauses (Di bis Sa, 9 bis 18 Uhr, Do, bis 20 Uhr, und So, 10 bis 18 Uhr), lassen sich nicht nur Kunsthausbesucherinnen und -besucher an der Bar oder an den Bistrotischen nieder. Denn längst ist es kein Geheimtipp mehr, dass neben den kleinen Gerichten auf der saisonalen Speisekarte von diversen gefüllten Ciabattas, Flower-Tortillas bis zu Zaziki über Mittag ein täglich wechselndes Menü angeboten wird.

Das Auge isst mit

Auch die Tagessuppe ist zu empfehlen. Kein Wunder: Zum einen verwendet Greg Kilcullen fast ausschliesslich frische Zutaten, zum anderen stimmt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Dieser Meinung ist auch Madeleine Rey, die Verantwortliche für das Kulturaustauschprojekt Schweiz-Belarus.

Sie und ihr Begleiter Thomas Meyer, neuer Projektleiter des Künstlerhauses Boswil, lassen sich eine Rasolnik-Suppe schmecken, die so dick ist, dass der Löffel darin stecken bleibt. Das Rezept dafür stammt von Elena, Gregs hübsche Lebenspartnerin. Sie stammt aus Petersburg. Die beiden haben sich im Orient-Express kennen gelernt. Während Elena im Service für das Wohl der Gäste sorgte, stand Greg während mehr als acht Jahren am Holzherd der fahrenden Küche und bereitete mit seiner Crew täglich bis zu 700 Mahlzeiten zu.

Verständlich, dass Improvisieren kein Fremdwort für den Koch aus Leidenschaft ist. Im Kunsthaus gibt es nämlich keine Küche. Die Speisen, die auf der Karte stehen, bereitet er am Vorabend oder am Morgen in seiner Küche in Rupperswil zu. Zum Aufbereiten der am Vorabend oder am Morgen zubereiteten Gericht steht ihm im Kunsthaus lediglich ein Regenerator zur Verfügung. Dass der Profi Wert auf schön angerichtete Speisen legt, sieht man auch bei den Kalten Tellergerichten. „Das Auge isst mit“, weiss er.

„Ich bin ein Saucier“

Begeistert von Kilcullens Kochkunst ist auch Sniezana Lohrer, die ihn vom Stapferhaus her kennt. An offiziellen Anlässen auf dem Schloss Lenzburg gehört sein Argovia-Menü zu den grossen Hits. Es besteht aus Rüeblisuppe mit Orangen und Ingwer, Rindsgulasch Goffersberg (mit Dörrbirnen) und Schmoräpfeln zum Dessert.

„Ich koche für Kunst und Kultur“, witzelt er in seinem amerikanischen Akzent. Seine Kochkunst ist international und reicht von arabischen bis zu asiatischen Spezialitäten. Am meisten angetan hat es ihm aber die französiche Küche. „Ich bin ein Saucier“, sagt er und wieder erscheint ein spitzbübisches Lächeln auf seinem runden Gesicht.

Wer ihm bei den Vorbereitungen in seiner Küche zusehen darf, kann sich selbst überzeugen, dass für seine exquisiten Gerichte Unmengen von frischem Gemüse und Kräutern verarbeitet werden.

Am liebsten Lachs

Und was ist das Lieblingsessen des Küchenprofis? „ Fisch “ , kommt es ohne Zögern. „am liebsten Lachs.“ Das hat mit den Jugenderinnerungen des Kanadiers zu tun. „Als Bub durfte ich mit meinem Vater immer zum Lachs-Fischen.“

Heute hat er keine Zeit mehr fürs Angeln. Neben dem Kochen nimmt ihn das Renovieren des alten Hauses, das er in Rupperswil gekauft habe, vollständig in Anspruch. Herzstück wird selbstverständlich die neue grosse Küche sein, die er im Parterre einrichten will. „Galopping Gourmet, der Name meiner Party-Service-Firma kommt nicht von ungefähr – um meine Gäste zu verwöhnen galoppiere ich von einem Ort zum andern “ .

Le Menu, Ausgabe Nr. 4/99 August/September

Autor: Mauro Paoli

Orient-Express

Ein Name voller Mystik, Sehnsüchte und Fernweh. Dass man in diesem Luxuszug vortrefflich speist, dafür sorgt Gregory Kilcullen mit seiner Küchencrew.

Abgekämpft sieht er aus, mit schweren Schweissperlen auf der Stirne. «Was wollen Sie – es ist ein harter Job», lacht der 35-jährige Gregory Kilcullen, «aber ich möchte keine andere Arbeit machen. Um nichts in der Welt.»

Dabei ist es doch schön, in einem feudalen Zug wie dem Orient-Express durch halb Europa zu gondeln und den meist betuchten, aber dennoch hungrigen Gästen etwas Exklusives aufzutischen, nicht wahr?

Gregory Kilcullen, Küchenchef im Orient-Express und irischer Herkunft, schaut mich an, als hätte ich ihm seinen geliebten Irish Whiskey weggenommen. «Mein Arbeitstag beginnt, je nach Route des Zuges, um 5 Uhr morgens. Zusammen mit meinen Leuten und meinem Souschef Beat Kuchenberger heize ich erst einmal den Holzherd ein, dann geht es ans Rüsten, Schnetzeln, Vorbereiten. Jeder Handgriff muss sitzen, denn die Eisenbahnwaggons, in denen wir kochen, sind sehr, sehr eng. Von der Hitze, die vom Herd abstrahlt, rede ich jetzt nicht.»

Der Orient-Express ist der Traum eines jeden Reisenden (die Fahrten werden vom «Reisebüro Mittelthurgau» organisiert). Der Luxuszug fuhr zum ersten Mal im Jahre 1883 als « Train d’Orient» von Paris nach Istanbul.

Gregory Kilcullen: «Es ist in der Tat ein Traumzug. Wenn wir alle Speisewagen anhängen, dann haben wir vierzehn Einheiten. Zusätzlich kommen drei Küchenwaggons dazu, alle mit Holzherden eingerichtet, die aus der Zeit um 1923 stammen.»

Und auf diesen Herden zaubert der Profi zusammen mit acht Köchen und Küchenhilfen exklusive Gerichte auf die Teller. «Es sind romantische Küchen­unpraktisch zwar, aber herrlich. Wenn Sie auf offener Flamme zum Beispiel Fische oder Fleisch kochen, müssen Sie mehr als auf einem Haushaltsherd ge­nau auf die Hitze achten. Mit elektri­schen Herden oder Gasherden können Sie die Hitze schneller regulieren, dafür schmecken die Speisen über dem Feuer gekocht kräftiger und würziger. Doch diese Art Kocherei erfordert viel Fingerspitzengefühl. »

Gregory Kilcullen hat sie von der Pike auf gelernt. Den gebürtigen Iren verschlug es zusammen mit seinen Eltern nach Vancouver, wo. er im renommierten «Four Saison»-Hotel seine Kochlehre absolvierte. Sein Berufsweg führte ihn später nach San Francisco ins «Hyatt Regency» und schliesslich landete er als Souschef im Hotel Sonne in Bremgarten. Seit rund vier Jahren bekocht er Reisende auf dem Orient-Express.

«Wir bieten unseren Gästen nur das Beste aus Küche und Keller an», erzählt der erfahrene Berufsmann, «die Gerichte und die Weine müssen sich der Ambiance des Zuges anpassen.» Sei es ein gemischter Salat mit Geflügelleber oder ein Filet Stroganoff mit Eierspätzli – alles wird frisch, a la minute, zubereitet. Und das kann eine ganze Menge sein. «Wenn wir zum Beispiel eine Bodenseerundfahrt machen, kochen wir – aufgeteilt auf die drei Küchen – ein sechsgängiges Menü für 450 Personen.

Das heisst für mich, dass ich ständig zwischen den Küchen hin und her pendle, da probiere, hier abschmecke, dort einen Rat erteile, alles kontrolliere – und selber mithelfe.»

Ein sechsgängiges Menü für 450 Leute ergibt übrigens die stattliche Anzahl von 2700 Tellern (von den Gläsern und den Bestecken ganz zu schweigen), die allesamt von Hand abgewaschen werden, denn die Küchen des OrientExpress verfügen weder über eine Geschirrwaschmaschine noch über einen Grill.

Gregory Kilcullen: «Bei diesem Stress komme ich kaum zum Essen, ich trinke bloss. Pro Tag mindestens einen Liter Milch, unzählige Fruchtsäfte und etwa fünf Liter Mineralwasser.»

Doch auch in seiner kargen Freizeit kann Gregory Kilcullen von seiner Leidenschaft nicht lassen. «Da bereite ich mir meist einen Fisch zu, vor allem Salm. Und den mache ich wie im Zug: mit wenig Kräutern, dafür mit viel, viel Butter.»

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